Gestern hielt ich meine Vorlesung „Ich habe geklaut – Sampling, Mix & Remix“ erstmals in einem größeren Hörsaal an der Haupt-Uni, wohin sie aufgrund des großen Andranges von StudentInnen verlegt worden war.
Ursprünglich hätte die Vorlesung im Schreyvogel-Saal des Instituts für Theater-, Film- und Medienwissenschaften in der imperialen Hofburg stattfinden sollen, direkt über dem Sisi Museum. Aus sicherheitstechnischen Aspekten hätten dort jedoch nur 50 Personen teilnehmen dürfen, es gab jedoch beinahe 200 Interessenten.
Ausgehend von Franz Schuberts Lied „Der Leiermann“ aus der „Winterreise“ und Benjamin Brittens „Sinfonia da Requiem“ versuchte ich darzustellen, wie der Song oder vielmehr das Monodrama „The Fisherman“ aus „Fool’s Island Project“ entstanden ist: Als Komposition im Sinne einer Überschreibung, als Collage, als Kommentar oder auch Stellungnahme zum Ausgangsmaterial, als Würdigung.
Mein Vortrag wurde begleitet vom ohrenbetäubenden Noise eines Schremmhammers (aus dem Nebenraum), der jedesmal, wenn ich den Mund öffnete, unerbittlich losschremmte: Mund auf – Schremmhammer ON, Mund zu – Schremmhammer OFF, die perfekte Abstimmung, wortlos, rein intuitiv.
Der unbekannte, unsichtbare aber umso hörbarere Arbeiter und meine Wenigkeit performten miteinander „Des Fisches Nachtgesang“ – Live.
Nachdem ich schließlich den Schremm-Arbeiter ausfindig gemacht und ihn überredet hatte, eine Kaffeepause einzulegen, durfte ich „The Fisherman“ ungestört vorführen.
Nachher kam ein Student zu mir und outete sich sowohl als Bewunderer von Schuberts „Winterreise“ als auch als Fan von elektronischer Musik. Er meinte, er habe selten etwas derartig Verstörendes und gleichzeitig bemerkenswert Intensives erlebt, „es sei ihm vorgekommen, als hätte ihm jemand beim Hören der Winterreise einen Zahn gezogen“.
„Schremmt Schubert!“
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