Dieser Text ist nicht einmal keinen Groschen wert, denn seit ich gestern im Bellaria-Kino G.W. Pabsts Verfilmung von Brechts Dreigroschenoper (1931) gesehen habe, das gibt es gar nicht, ich war tatsächlich der jüngste Besucher, da geh ich jetzt immer hin, und die Omis und Opis reden live zum Fim dazu wie die Kinder beim Kasperltheater, „Licht“ schreien sie und „Ton“ und „Na, merkt der denn das gar nicht“ und wieder „Licht“ und „Ton“ und dann „Der Hans Moser war gar kein Nazi“, denn „Seine Frau war eine Jüdin“, ganz klar, stahlhartes Argument, das hält jeder Hinterfragung stand, jedem Tribunal, ein Mann einer Jüdin kann kein Nazi sein, der Heinz Rühmann hat sich wenigsten von seiner halb-jüdischen Frau rechtzeitig scheiden lassen und die Leni hat erst gar nicht geheiratet oder zumindest erst viel später, mit 95 hat sie dann einen 65-jährigen geheiratet, oder war es eine wilde Ehe, und ist mit ihm Tiefseetauchen gegangen, und wenn sie nicht gestorben ist, aber das ist sie definitiv, und der Ernstl Jünger, Nomen est Omen, rüstig bis über den 100er hinaus, Nein Nein, die sterben nicht einfach so vor der Zeit, die Freude machen sie uns nicht, die nützen ihr Potential voll aus, leben was geht, solange es geht, und der Andre Heller meint, jeder könnte den Hans Moser nachmachen, das stimmt, ich mach ihn auch gerne nach, lieber als den Andre Heller, aber am besten gefällt mir an dem Dreigroschenopernfilm die Schlussszene, wo alle Abzockeranten unter sich sind und sich in ihrer Privatbank die Hände reiben in Vorfreude auf die wirlich großen Geschäfte, während der Bettlerzug unaufhaltsam ins Nirwana marschiert, und da wird mir der Brecht wieder sympathisch, und das heisst was, denn der Brecht ist ein berüchtigter Unsympathler, also er ist mindestens so unsympathisch wie der Weill genial ist aber gleichzeitig so ein derartiger Streber ist, dass man von seinem musikalischen Genie ein Paar Pluspunkte abziehen muss, jedenfalls saß das Abzockeranten-Trio in der Schlussszene des Dreigroschenopernfilmes so da wie gestern in der Zeitung der Raiffeisen-Konrad, der Raiffeisen-Stepic und der Raiffeisen-Rothensteiner, der nicht mit der Anneliese Rothensteiner verliebt, verlobt und verheiratet ist oder war, die Anneliese Rothensteiner, die eigentlich Anneliese Rothenberger hieß und immer im Fernsehen war, jedesmal wenn ich als Kind fernsehen durfte war sie im Fernsehen, und ich verstand nie, warum gerade sie, angeblich weil sie eine berühmte Opernsängerin war, aber was hat das mit Fernsehen zu tun, jedenfalls konnte sie bereits vor Dezennien so dreinschaun als ob sie geliftet wäre obwohl sie es gar nicht war, umgekehrt wäre besser gewesen, vielleicht war der Raiffeisen-Rothensteiner mit der Frau Anneliese Pseudo-Callas auch verbandelt, aber ich habe ihn nicht danach gefragt, viel lieber würde ich den Raffeisen-Konrad danach fragen, warum er jagen cool findet und Schweinsschädelessen, darauf würde er sagen, „Man bleibt unter sich“, souverän wie immer würde er das sagen, und deshalb ist eine Schweinsschädeloper das Mindeste, was ich jetzt komponieren werde: Der Untergang des Raiffeisenlandes, die erste österreichische Schweinsschädeloper!
„Das ist ja genau so wie heute, das mit den Banken“ schrie eine Omi aus den hinteren Reihen zum Filmabspann.
„Der Untergang des Raiffeisenlandes“ Die erste österreichische Schweinsschädeloper
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Des find ich echt genial. Ich hab die Szenerie förmlich vor meinen Augen…..fühl mich hineinversetzt, als wär ich dabeigewesen.
Wenn wir uns das nächste Mal sehen, dann spielen wir die Szene live nach 🙂
du schreibst so schön. wie schade, dass wir uns kaum noch kennen.
Lieber Rainer,
ich schreib nur, wenn ich es nicht mehr aushalte, ohne zu schreiben.
Wann gehen wir mal auf einen Kaffee? Magst im 8. vorbeikommen oder ich komm auch gerne in meine alte heimat nach Oberdöbling
lg
Klaus
Bernhard Fan?
Der Satz ist in der Tat lang geworden, war gar nicht so geplant, konnte nur nicht mehr aufhören 🙂
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